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Lajos Talamonti

Alter Hase

Ballett für 5 Ehemalige

Paula Reissig

Warum haben wir das alles nur gemacht: Härte, Durchhalten, Schmerz, der ganze jugendliche Kampf und Wettstreit um Können und Disziplin, mit dem Ziel, klassische Tänzer*innen zu werden? Vier Jahrzehnte später blicken nun vier ehemalige Balletttänzer*innen und ein Performance-Kollege als Gäste einer Gala des „Alten Hasen“ Lajos Talamonti, anlässlich seines 40. Bühnenjubiläums, zurück auf die Zeit ihrer gemeinsamen künstlerischen Prägung. In den Körpern ist die Erinnerung an die Strukturen noch wach, der Dämon der Suche nach Perfektion und universeller Schönheit, nach unbeschreibbarer Körper-Poesie ist immer noch lebendig, aber das Leben hat komplett neue Seiten geschrieben: voller Widersprüche, Neuanfänge, Perspektivenwechsel. Kunst und Leben haben sich unauflöslich vermischt und aufeinander abgefärbt. In einem letzten gemeinsamen Tanz machen sie, auch durch die zeitliche Distanz, die starren Strukturen der Klassik biegsam und erzählen vom Leben als oft überraschende Schule, deren Methode jeder täglich neu für sich erfinden muss. Die Suche nach dem „Ausdruck“, einst obsessiv einstudiert nach präzisen Regeln, verlagert sich so auf offenes Terrain und lässt auch die Frage nach dem „Stil“ in neuem Licht erscheinen.

Dauer: 70 min.

Kurzbiografien

Lajos Talamonti studierte von 1981 bis 1990 klassischen Tanz an der Heinz-Bosl-Stiftung/Ballettakademie der Hochschule für Musik und Theater München. Als Tänzer war er am Theater der Stadt Heidelberg und der Scapino Ballet Company Rotterdam engagiert. Er war Regieassistent an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz und hat das Theater im Kunsthaus Tacheles geleitet. Seit 1997 agiert er als freischaffender Performancekünstler, Regisseur und Autor in der freien Szene in Berlin und in wechselnden Formationen zusammen mit einer Vielzahl von Künstler*innen und Gruppen u.a. mit Hans-Werner Kroesinger, Forced Entertainment, Nico and the Navigators, Jacob Wren, Gesine Danckwart, Tanja Krone und Corinne Maier. Die sophiensæle sind, neben dem HAU und dem Theater an der Parkaue, seit 1999 ein zentraler Ort seines Wirkens. Er arbeitet im deutschsprachigen Raum mit vielen Häusern der Freien Szene, europäischen Festivals, internationalen Kooperationen, wie auch mit Stadt-, und Staatstheatern. Seit 2013 ist er Mitglied der Gruppe Interrobang und kreiert immersiv-partizipative Performances und mit-spielende Maschinen. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Ausflüge in die Ausdrucksform Tanz: In Corinne Maiers the end of the world as we know it, vor allem Jérôme Bels Gala. Alter Hase ist Lajos Talamontis erste und wahrscheinlich letzte Tanzproduktion. Er hat dazu Tänzer*innen und Bewegungskünstler*innen eingeladen, die ihn bei dieser Erinnerungsarbeit als Ehrengäst*innen begleiten. Mit allen Geladenen verbindet ihn eine persönliche Geschichte. Sie sind also mehr als nur ehemalige (Ballett-) Tänzer*innen.

Christine Bombosch, ausgebildet zwischen 1986-1990 an der Heinz-Bosl-Stiftung München, von 1990-1995 Tänzerin beim Bayerischen Staatsballett, 1995-1996 am Stadttheater Augsburg, von 1996-2003 beim Balletttheater München. 2003 Ende der Karriere und Beginn der Transition. Drei Monate Soziales Praktikum in Guatemala, 2005 Beginn Studium Klinische Sozialarbeit, während dieser Zeit Ausbildung zur Selbstbehauptungstrainerin für Kinder, Kinderyogalehrerin, Anbieten eines Stammtischs für ehemalige professionelle Tänzer*innen, Gründungsmitglied Initiative Tanz – und dann?, Arbeiten in einer Heilpädagogischen Tagesstätte, Beginn einer psychotherapeutischen Ausbildung, Mitglied der Improperformancegruppe Gesellschaft für Unvorhergesehenes. 2010 Abschluss des Studiums mit der Masterarbeit zum Thema: Beratung und Unterstützung von professionellen Tänzer:innen an deren Karriereende. Seit 2010 tätig als Sozialarbeiterin, seit 2015 bei der Bahnhofsmission München und freischaffend als Heilpraktikerin für Psychotherapie.

Martin Clausen, Schauspieler, Performer, Regisseur. Studierte Kultur- und Theaterwissenschaften an der Humboldt-Universität Berlin und machte eine Ausbildung zum Alexandertechnik-Lehrer. Erarbeitete seit 1998 über hundert Stückentwicklungen, Theater- und Performanceproduktionen. 2000-2011 leitete er zusammen mit Angela Schubot die Gruppe TWO FISH, von 2013 bis 2019 führte er die Arbeit als Martin Clausen und Kollegen an allen wesentlichen Berliner Bühnen der freien Szene fort, am Theater Freiburg und dem Theater an der Parkaue, wo seine für den Ikarus-Preis nominierte Inszenierung von Elizabeth Shaws Bettina bummelt mit über 200 Vorstellungen gezeigt wurde. Er wirkte bei unterschiedlichen Kollektiven und freien Gruppen mit, wie Gob Squad, SheShePop, SEE!/PeterLicht, Lubricat und Nico and the Navigators. Eine enge Zusammenarbeit als Performer, Regisseur und Co-Regisseur besteht seit 2013 mit dem Theater Thikwa Berlin. In München war Martin Clausen neben Gastspielen von Nico and the Navigators in Lajos Talamontis Reisebusperformance Ersatzverkehr (2003) zu sehen. Er kooperierte mit der Bairishen Geisha, dem PATHOS Theater/Jörg Witte, gastierte in der Muffathalle und dem i-camp. Seit 2008 unterrichtet er als Dozent u.a. an der HBK Braunschweig am Institut für performative Künste und Bildung, am Opernstudio Berlin, an der HMT Rostock, der HfG Offenbach und der Hochschule für Künste im Sozialen Ottersberg.

Marc Geifes erhielt seinen ersten Ballettunterricht an der Ballettschule des Bielefelder Stadttheaters und entschied sich, die Profilaufbahn einzuschlagen: Von 1988-1992 ist er Student der Münchner Ballettakademie/Heinz-Bosl-Stiftung. Danach geht er zum Bayerischen Staatsballett, ab 2000 als Halbsolist. Marc Geifes tanzte Solopartien u.a. in den Neumeier-Balletten: Ein Sommernachtstraum (Thisbe), A Cinderella Story (Vater), Der Nussknacker (Russischer Kadett/Fritz), eine der Titelpartien in Max und Moritz und in Marius Petipa/Ray Barras Ballett Don Quijote den Camacho. Außerdem tanzte er solistische Rollen in José Limons The Unsung, in Mats Eks Giselle und A Sort of…. In der Spielzeit 2002/03 vertraute ihm Jiří Kylián eine Hauptfigur in Bella Figura an. Nach Beendigung seiner aktiven Tänzerkarriere studierte Marc Geifes Physiotherapie in Amsterdam (Bachelor of Health, 2007). Jetzt praktiziert er als Physiotherapeut im Domagkpark München (Physio Geifes) und ist Lehrbeauftragter für Tanzmedizin an der Ballett-Akademie der Hochschule für Musik und Theater München.

Brit Rodemund lebt und arbeitet als Tänzerin und Lehrerin für klassischen Tanz in Berlin. Sie studierte an der Staatlichen Ballettschule Berlin, tanzte als Solistin an der Deutschen Staatsoper Berlin, am Aalto Theater in Essen und beim Ballett Nürnberg. Von 2000-2015 war sie freischaffend tätig und arbeitete u.a. mit Marco Santi, Christian Spuck, Katja Wachter, Nina Kurzeja, Christoph Winkler, Efrat Stempler, Tomi Paasonen, Dansity Amsterdam, Helena Waldmann, MS Schrittmacher und Maya Matilda Carrol. Von 2015-2018 war sie Mitglied des Dance On Ensembles unter der künstlerischen Leitung von Christopher Roman, auf Initiative von Diehl+Ritter und arbeitete hier mit Lucy Suggate, Matteo Fargion, Rabih Mroué, Kat Valastur, William Forsythe, Deborah Hay, Jan Martens, Johannes Wieland und Ersan Mondtag. Sie unterrichtet seit über zwanzig Jahren für Tanzkompanien, professionelle Tanzstudios und Universitäten. Seit Mai 2018 ist sie wieder freischaffend als Tänzerin und Lehrerin tätig.

Berit Jentzsch ist freischaffende Choreografin, Dozentin, Performerin und Tänzerin in der zeitgenössischen Tanz- und Schauspielszene. Sie studierte Bühnentanz an der Palucca Schule Dresden – Hochschule für Tanz, und war mehrere Jahre Mitglied der belgischen Tanzkompanie Ultima Vez, sowie der in Montreal ansässigen Tanzkompanie Van Grimde Corps Secrets. Zudem arbeitete sie u.a. mit En-Knap, Galili Dance, Dorky Park und Xavier Le Roy zusammen. Seit 2009 arbeitet Berit Jentzsch als Choreografin, Tänzerin und Darstellerin mit unterschiedlichen Regisseuren zusammen und erforscht die Schnittstellen zwischen Bewegung und Sprache u.a. mit Armin Petras, Kay Voges, Anna Frick, Schorsch Kamerun, Laurent Chétouane und Corinne Maier. Von 2013-2018 war sie unter der Intendanz von Armin Petras festes Ensemblemitglied und Choreografin am Staatsschauspiel Stuttgart. 2011 absolvierte Berit ihren Master in Contemporary Dance Education (MA CoDE) an der HfMDK Frankfurt am Main und unterrichtet zeitgenössischen Tanz, Improvisation und Komposition sowie Bewegungstraining für Schauspieler*innen und Sänger*innen an Ausbildungsinstitutionen und Theatern. Berit lebt mit ihrer Familie in Berlin.

Katharina Kromminga seit 2018 die Kostümabteilung des Theater und Orchester Heidelberg, dafür nahm sie an der Weiterbildung Theater- und Musikmanagement der LMU teil und schrieb eine Abschlussarbeit mit dem Titel „Stellenwert des Berufs Kostümbildner*in__NA! wart ihr mal wieder shoppen“ Seit 2001 arbeitet sie freiberuflich als Kostüm- und Bühnenbildnerin unter anderem an den Münchner Kammerspielen, Thalia Theater Hamburg, Burgtheater Wien, Düsseldorfer Schauspielhaus, Theater Bielefeld, Theater Kiel, Theater Heidelberg, Staatstheater Mainz und am Nationaltheater Mannheim. Sie wurde am Narodni Divadlo Praha, an der Staatsoper Unter den Linden, am Staatstheater Stuttgart und am Residenztheater München zur Kostüm- und Bühnenbildnerin ausgebildet.

Corinne Maier lebt als Theatermacherin und Kulturvermittlerin in Basel. Sie studierte in Hildesheim Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis. Ausführliche Recherchen stehen am Anfang ihrer oft dokumentarischen Theaterarbeiten, wie bei Past Is Present (2013), Like A Prayer (2015), Children of Tomorrow (2017), the end of he world as we know it (2018) oder Die Zufügung (2020).

Werner Waas, Regisseur, Dramaturg, Schauspieler, Übersetzer. 1986-2012 Aufenthalt in Italien. 1992 gründet er die Gruppe Quellicherestano, erarbeitet mehr als 30 Inszenierungen und tritt in Bars, Keller-, Privat- und Staatstheatern und Festivals auf. Von 1998-2001 ist er Theaterleiter in Magliano Sabina, ruft eine jährliche Dramatikerwerkstatt ins Leben. 2001 gehört er zu den Mitbegründern des römischen Netzwerks Area06. Von 2007-2012 baut er Manifatture Knos in Lecce mit auf, leitet den Theaterbereich mit Lea Barletti, sie gründen das Festival KNow! und den Dramatikerpreis Il centro del discorso. 2011 spielt er Fatzer in Getting lost Fatzer, eine Produktion des Staatstheaters Turin und der Berliner Volksbühne. 2012 Umzug nach Berlin, Gründung der Compagnie Barletti/Waas und Beginn einer mehrjährigen Arbeit zu Handke. Seit 2009 Zusammenarbeit mit dem TonyCliftonCircus und Tourneen in ganz Europa. Seit 2013 Tourneen mit Selbstbezichtigung/Autodiffamazione in Italien und Deutschland. Zusammenarbeit mit Martin Clausen am HAU 3 Hebbel am Ufer, mit Lajos Talamonti und Armin Wieser in der Vierten Welt, mit Irene Mattioli in der Brotfabrik, sowie mit Rolf Kemnitzer im Rahmen des ItzBerlin e.V. Aufbau des Projektraums Hauser – Dramatische Republik in Neukölln, Ko-Verantwortlicher des ItzBerlin e.V. für das europäische Netzwerk FabulaMundi-Playwriting Europe. Seit 2014 sind Barletti/Waas fester Bestandteil des Spielplans des TD Berlin (vormals Theaterdiscounter).

Eine Produktion von Lajos Talamonti in Koproduktion mit SOPHIENSAELE. Mit freundlicher Unterstützung durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa und das Kulturreferat der Landeshauptstadt München.

Wir danken der Heinz-Bosl-Stiftung für ihre freundliche Unterstützung. Besonderer Dank gilt Heinz Manniegel, Hanna Miller, Martin Puttke, Dagmar Springer und Johanna Wall.