Zur Technologie der Seele
Markus Niessner
Wetware ist mechanisiertes Tanztheater oder musikalisches Figurentheater, eine poetische Annäherung an das Gefühlsleben des Techno-Self. O-Team untersucht unser zwiespältiges Verhältnis zu den Möglichkeiten von Selbst-Optimierung und Stimulation durch Technik und Chemie. Wie ein langes Gedicht erzählt das Projekt von der Neuerfindung der Natur, elektro-zellulären Schaltkreisen und intimen Wünschen.
Auf der Bühne treten neben den menschlichen Körpern der zwei Performer*innen (animierte) Maschinen, Schaumstoff-Körperteile und eine lebensgroße Puppe aus Schaumstoff als Protagonisten auf. Mit ihnen werden verschiedenste Formen der Interaktion, Verbindung und lustvollen Verschmelzung versucht. Es ist ein Spiel mit Gegensätzen und Abhängigkeiten zwischen Hardware und Wetware, Liebe und Tod, maschineller Präzision und menschlichem Gefühl.
Die Deutsche Bühne ehrt in ihrer Saisonbilanz 2021/22 die Arbeit des diskurs- wie bilderfreudigen O-Teams aus Stuttgart, „das sich mit Innovationen auseinandersetzt, die die Beziehung von Technik und Fortschritt einerseits, zugleich aber auch deren Verdrängung aus dem gemeinsamen Bewusstsein reflektiert“. Nun werden endlich die zwei ausgefallenen Vorstellungen von Wetware in München nachgeholt. Nicht verpassen!
Pressestimmen:
„Zum peitschenden Techno-Sound zuckt ein Riesen-Penis an Seilen, kleinere Gemächte gleiten sanft über den Boden, ein XXL-Ohr schwebt auf und ab, Arme fallen klappernd auf die Bühne. Arme und Beine, die in ihrer Monumentalität skulptural wirken und die Architektur des Körpers skizzieren. Am Ende sind es alle zusammen, die mit den Erlebnismaschinen einen herrlich-grotesken apokalyptischen Tanz zu metallischem Klappern, wummernden Geräuschen und schabende Tönen aufführen. Ein großes Vergnügen, das Regisseur Samuel Hof dem Publikum bereitet.“
Petra Bail, FIDENA
„Die Erfahrung des fragmentierten Körpers, des gender troubles, des Nicht-Binären und Fluiden ist schwer in ein Theaterbild zu übersetzen. Nina Malottas technisch aufwändigen Bühnensettings der hin- und hergezogenen Körperteile finden dafür in Wetware eine poetische Übertragung. O-Team erschafft so einen Zwischenraum zwischen Fleisch und Cyborg, zwischen Schaumstoff und lebendigem Körper, der die designbaren Grenzen verwischt.“
Céline Couson, Schaubude Blog
Dauer: 60 min.
Hinweis: Während des Stücks kommt es zum Einsatz von Stroboskoplicht.
Seit 2007 produzierte O-Team über 25 anspruchsvolle Projekte in München, Stuttgart, Berlin, Jena, Darmstadt und Braga (Portugal). Das Team hat seinen Arbeitsmittelpunkt an der Wagenhalle Stuttgart und besteht momentan aus Nina Malotta, Samuel Hof, Antonia Beermann und Folkert Dücker. O-Team versteht sich als freie Gruppe der Darstellenden Künste, die aktuelle Themen mit oft provozierenden Formen verbindet. In interdisziplinären Besetzungen arbeitet sie in inhaltlich überbordenden, bildhaften Formaten, die gleichermaßen sinnlich wie intellektuell sind. Ihre Arbeiten wurden bei zahlreichen Gastspielen und Festivals im In- und Ausland präsentiert.
Die Reihe CRASH wurde von 2019 – 2022 im Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes gefördert. O-Team untersucht darin in Zusammenarbeit mit dem Theater Aalen und dem HochX München den Unfall als das Verdrängte von Fortschritt und Technik. Wetware ist der zweite Teil dieser künstlerischen Auseinandersetzung mit Technik und Leben. So wird der Unfall in Wetware als perverse Verschmelzung von Fleisch und Maschine, als willentliche Auflösung der Kategorien des Technischen und des Natürlichen zelebriert.
www.kulturstiftung-des-bundes.de/de/projekte/buehne_und_bewegung/detail/crash.html
Wetware ist ein Projekt von O-Team in Koproduktion mit HochX Theater und Live Art und Theater der Stadt Aalen. Mit freundlicher Unterstützung durch den Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes und durch die Landeshauptstadt Stuttgart.