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KMZ Kollektiv

Fünf Exponate

Gianmarco Bresadola

Die Mamo – die spirituellen Guides der Kogis – bitten um die Rückgabe ihrer Masken aus Dahlem. Sie wollen mit ihnen arbeiten, um die Erderwärmung zu bekämpfen. Doch die Antwort von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, vom Humboldt-Forum, von Monika Grütters (der ehemaligen Staatsministerin für Kultur) lautet: Wir wissen, wie die Masken aufzubewahren sind. Wir wissen, welche Bedeutung diese Masken für das Menschheits-Kulturerbe haben. Wir wissen, welchen Wert sie haben. Wir haben das Wissen, wir haben die Museen, wir sind das Publikum. Ihr habt nur Glauben, ihr seid Teil der Landschaft, ihr seid Teil der Natur. Ihr seid, was wir im Museum als Gipsabdrücke ausstellen. Fünf Exponate ist ein Plädoyer gegen die Spaltung in Zivilisation und Barbarei, Wissen und Aberglauben, wir und sie.

Das lateinamerikanisch-europäische KMZ Kollektiv thematisiert aus dekolonialer Perspektiven das komplexe Geflecht um Museen, Erbe, Aneignung, Rückgabe, Wissen und Glaube und verhandelt die Möglichkeiten von Dialog und Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen globalem Süden und Norden. Ausgangspunkt ist Alexander von Humboldt (1769-1859) und seine Reisen nach Lateinamerika, sein Entdecken und Benennen von Menschen, Landschaften und Pflanzen. Durch Intellektuelle, Bauern und Indigene bekam Humboldt Zugriff zu lokalem Wissen, später benannt als „Humboldt Strömung” und „Humboldt Pinguin”. Noch heute festigen Erzählungen dieser Reisen ein Bild, als wäre Humboldt in leeren, wilden Landschaften unterwegs gewesen – als hätte der globale Süden nur Vogelspinnen und der Norden den Exklusivanspruch auf Ideen.

Die Performer*innen Laia Ribera Cañénguez, Antonio Cerezo und Yahima Piedra Cordova sind in Lateinamerika geboren und im Westen sozialisiert. Sie erzählen, wie die kolonialen Überschreibungen Humboldts noch heute in ihnen und im kollektiven Unterbewusstsein ihrer Familien nachwirken und begeben sich auf die Suche nach einem Wissen, das durch die Kolonialisierung Lateinamerikas unterbrochen wurde. Sie arbeiten mit Kartoffeln und Gips: Kartoffeln als erfolgreich integrierte Migrantinnen, Metaphern für die Herkunft, die Formbarkeit, die Qualität der Anpassungsfähigkeit. Gips für die billige Reproduktion gestohlener und heute in europäischen Museen ausgestellter lateinamerikanischer Objekte, wie z.B. den Kogi Masken, die in Dahlem bewacht werden. Die Klangwelt der Musikerin Yahima Piedra Córdova geht von diesen Materialien und ihrem Sound aus. Als dritte Performerin treibt sie das Bühnengeschehen mit einer Mischung aus klassischer Musik (und ihren kolonialen Obertönen), elektronischen Klängen und lateinamerikanischen Rhythmen an. Die Live-Visuals der Videokünstlerin Daniela del Pomar geben dokumentarische Einblicke in die Exponate auf der Bühne, führen mikroskopisch in die verborgene innere Welt von Kartoffelpflanzen und Gips und folgen Humboldts Reise und seiner performativen Dekonstruktion.


Sprache: Deutsch, Englisch und Spanisch mit deutschen Übertiteln
Dauer: 70 min
Im Anschluss an die Vorstellung findet ein Publikumsgespräch statt.

Kurzbiografien

Das KMZ Kollektiv arbeitet seit 2021 und verhandelt in seinen Projekten die Beziehungen zwischen Deutschland und Lateinamerika. Die erste Produktion Kaffee mit Zucker? (2021), befasst sich mit der deutschen Einwanderung nach Mittelamerika und ihrer wirtschaftlichen und politischen Macht, die auf Kaffee und Zucker basiert. Sie war 2022 bei wunder. zu Gast. Fünf Exponate (2023) ist die zweite Produktion von KMZ Kollektiv. kmzkollektiv.com

KMZ Kollektiv (Laia Ribera Cañenguez, Antonio Cerezo, Yahima Piedra, Daniela del Pomar) in Zusammenarbeit mit Rutschka Steininger und Sebastián Solórzano

Koproduktion: Schaubude Berlin, Internationales Figurentheaterfestival Erlangen, FITZ! Stuttgart und RAMPE Stuttgart. Finanziert aus Mitteln der Einzelprojektförderung der Senatsverwaltung für Kultur und Europa (Berlin). Realisiert mit Unterstützung des Netzwerks Freier Theater, das vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen des Programms „Verbindungen fördern” des Bundesverbandes Freie Darstellende Künste e.V. gefördert wird.