Kai Metzner
VERHAUEN DIE WÄLDER, ZERTRETEN DIE FELDER: 2020 wurde Götz von Berlichingen zur GOETZIN. Im STREAM 2021 erzählt sie ihr Leben, arbeitet sich am Erinnern ab, spürt die Einsamkeit des Alters. Sie ist 82 Jahre alt: nicht Dramenfigur, sondern Zeitzeugin gesellschaftlicher Umbrüche. Die GOETZIN hört die 1562 diktierte Lebensgeschichte, reagiert auf ihre Stimme. Teile ihres Lebens werden wieder real: der Schweizer Krieg, der Verlust der Hand, jahrzehntelanger Hass gegen Nürnberg und Gefangenschaft. Alles in einer Zeit, in der alte Sicherheiten vergehen und die GOETZIN ihren Platz in neuen Machtverhältnissen finden muss. Und dann kommt der absolute Horror: 1525 greifen die Bäuer*innen zu den Waffen. Eine Lawine unerhörter Gewalt durch und gegen die Landbevölkerung ergreift Süd- und Ostdeutschland. Die GOETZIN ereilt in ihrer Erinnerung das Trauma ihres Lebens immer und immer. Sie kämpft sich durch ihre Burg. Die ist eine Ruine, die Podesterie-Fragmente eines geschlossenen Theaters. Sie entdeckt einen Fernseher. Der flackert: Geschichtsstunde.
Ein Chor bricht in die Welt der GOETZIN ein. Er trägt das Land in das städtische Theater, schreit auf wegen der Ungerechtigkeiten eines zeitlosen Stadt-Land-Konflikts. Die singuläre Erinnerung verschwindet im Strom einer Videocollage über ein vergessenes Gewaltverbrechen gegen tausende Bäuer*innen, über einen schwelenden Konflikt zwischen Stadt und Land in fast allen Teilen der Welt heute. Mit gelben Westen geben sie deutliche Warnzeichen: wir greifen wieder zu den Waffen, stürmen das Capitol, wir putschen! Doch in Deutschland 2021 ist das nicht möglich: oder? 2019 stehen plötzlich 1.000 Traktoren in München: RIESIGE GERÄTE! Corona stoppt diese Bewegung. Doch wie lange noch? Zu groß ist die Zahl der Verlierer*innen der Globalisierung im ruralen Bereich, zu klein ist das Interesse der Städter*innen an den Problemen, die nicht ihre sind.
Der Stream läuft jeweils 6:30 Stunden live und besteht aus 6 Slots, die jeweils 65 Minuten dauern. Das Publikum kann sich währenddessen nach Belieben ein- und ausloggen. Jeder Slot erzählt einen anderen Teil der Autobiographie Götz von Berlichingen und ist damit anders, wie auch jede Live-Aufführung anders wäre. Die Slots stehen aber alle für sich und können auch einzeln angesehen werden. Eine Liste, wann die jeweiligen Slots beginnen, erhalten die Kartenkäufer*innen per Mail.
Soli-Ticket: 4,00 €
Ermäßigt: 12,00 €
Normal: 20,00 €
Großes Herz: 50,00 €
26.3. | 16 Uhr
27.3. | 16 Uhr
28.3. | 16 Uhr
Mit freundlicher Unterstützung durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München, die Kulturstiftung der Stadtsparkasse München und die Freundinnen und Freunde der Heinrich-Böll-Stiftung